Empathie verstehen: Was zeichnet einfühlsame Menschen aus?

Luca Micheli
Luca Micheli

Am 04.02.2025 - 06:47

Sie haben sicherlich schon einmal den Begriff „Empath“ gehört. Aber was bedeutet es tatsächlich, ein Empath zu sein? Ist es mehr als nur einfaches Mitgefühl?

zwei frauen unterhalten sich
Empathen nehmen die Emotionen ihrer Mitmenschen feinfühliger auf. - Depositphotos

Ein Empath ist eine Person, die die Gefühle und Stimmungen anderer besonders intensiv wahrnimmt und darauf sehr sensibel reagiert. Diese ausgeprägte Empathie kann sowohl aus bestimmten Persönlichkeitsmerkmalen als auch aus prägenden Erfahrungen, wie traumatischen Erlebnissen in der Kindheit, entstehen.

Während diese Fähigkeit es Empathen ermöglicht, tiefe emotionale Verbindungen zu anderen aufzubauen, bringt sie auch Herausforderungen mit sich. Oft fällt es ihnen schwer, zwischen eigenen und fremden Emotionen zu unterscheiden oder persönliche Grenzen zu setzen, was zu emotionaler Erschöpfung führen kann.

Der Begriff «Empath» ist keine offizielle Diagnose und wird nicht im Diagnostischen und Statistischen Handbuch Psychischer Störungen (DSM-5) aufgeführt. Es handelt sich vielmehr um eine Beschreibung für Menschen mit aussergewöhnlich starker Empathie.

Das Spektrum empathischer Fähigkeiten

Judith Orloff, Autorin des Buches «The Empaths Survival Guide: Life Strategies for Sensitive People», sieht ein Spektrum an empathischen Fähigkeiten vor uns. Gewöhnliche Empathie, also unser Mitfühlen mit Freude oder Schmerz anderer, liegt in der Mitte dieses Spektrums.

Empath
Das Spektrum an empathischen Fähigkeiten ist in der Bevölkerung breit gefächert. - Depositphotos

Empathen hingegen nehmen eine höhere Position ein, sie sind emotionale Schwämme, die oft auch den Weltschmerz aufsaugen.

Das Leben als emotionaler Schwamm kann anstrengend sein. Dr. Orloff beschreibt Empathen als Menschen, die hoch auf der empathischen Skala rangieren und tatsächlich fühlen, was in anderen vorgeht. So sehr, dass sie es körperlich spüren können.

Konzept ist wissenschaftlich nicht anerkannt

Muss es wirklich eine Unterscheidung für Menschen geben, die mehr Mitgefühl haben als andere?

Amy Canevello von der Universität North Carolina argumentiert dagegen: Es gäbe zwar Forschungen zur «Eigenschaftsempathie», also wie einfühlsam jemand ist. Aber das Konzept des «Empaths» gehe noch einen Schritt weiter und würde aktuell nicht wissenschaftlich anerkannt.

Häufig werden die Begriffe «Empath» und «Hochsensibel» verwechselt oder synonym verwendet. Doch während hochsensible Personen auf sensorische Reize reagieren, konzentriert sich die Sensibilität eines Empaths vor allem auf Emotionen anderer Menschen.

Herausforderungen und Stärken eines Empathen

Die Fähigkeit zu intensivem Mitfühlen kann im Alltag durchaus Herausforderungen mit sich bringen. Insbesondere in Beziehungen und bei dem Bedürfnis nach Alleinsein und Ruhe.

Zudem neigen Empathen dazu, die Bedürfnisse anderer über ihre eigenen zu stellen, was auf Dauer zu Erschöpfung führen kann.

Empath
Empathen neigen dazu, Bedürfnisse anderer über die eigenen zu stellen. - Pexels

Trotz der Herausforderungen haben Empathen auch viele Stärken: Sie sind intuitiv, fürsorglich und gute Zuhörer. Sie können tiefes Mitgefühl empfinden und positive Emotionen intensiv erleben.

Das Wichtigste ist jedoch, dass sie lernen müssen, sich selbst Priorität einzuräumen. Denn nicht jede Situation erfordert das volle empathische Engagement.

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